KONSTRUKTIVISMUS :: Texte
 

 

Kurzes Wörterbuch

 

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Das kurze Wörterbuch dient nur der Einführung in einige Grundbegriffe des Ansatzes. Sie können bei Bedarf aufgerufen werden, aber der Text lässt sich auch durch die Weiter-Taste am Ende jedes Abschnittes einfach durchblättern.

Zur Einführung in die Grundlagen soll hier zunächst eine Klärung einiger Annahmen der systemisch-konstruktivistischen bzw. interaktonistisch-konstruktivistischen Pädagogik erfolgen, die genauer bei Reich in der "Systemisch-konstruktivistischen Pädagogik" oder der "Konstruktivistischen Didaktik" dargelegt sind:

Die sinnliche Wahrnehmung unterliegt stets einer möglichen Täuschung bzw. Selbsttäuschung. Das, was von Menschen als objektive Wirklichkeit bezeichnet wird, ist immer auch subjektiv behauptet und meistens, wenn wir es genauer beobachten, gar nicht mehr so objektiv, wie es scheint. Wir lernen im Nach- und Nebeneinander von menschlichen Behauptungen, von Theorien über die Wirklichkeit, das sie sehr unterschiedlich wahrgenommen, interpretiert, begründet wird. Die traditionelle Erkenntnistheorie hat sich darüber z.B. in Reflexionen über die Spaltung von Subjekt und Objekt (die Subjekt-Objekt-Dichotomie) Gedanken gemacht. Die Suche nach einem Sein hinter der Erscheinung, nach einer objektiven Wirklichkeit war und ist immer wieder Thema verschiedener Zweige der Wissenschaft (Ontologie, Metaphysik usw.).

Die Gegenüberstellung von Subjekt und Objekt ist auch ein Ausgangspunkt des Konstruktivismus. Doch hier relativiert sich jedes wahre Wissen, denn die Konstruktionen von Subjekten werden nur noch als wahr für eine Verständigungsgemeinschaft betrachtet, die zu viablen Annahmen über bestimmte Sachverhalte gelangt. Zwar gilt auch für solche Verständigung, dass es ein Kriterium sinnlicher Wahrnehmung gibt, aber dieses ist sehr subjektiv und durch Deutungen nach vielen Seiten hin begründbar. Allein die Viabilität, die z.B. nach Erfolg und Misserfolg von Annahmen, nach erreicht und unereichbar, nützlich und unnütz, wirksam und unwirksam usw. evaluiert werden kann, scheint der Willkür von Verständigungssetzungen entgegenwirken zu können. Konstruktivisten halten es deswegen für sinnvoll, subjektive Bedingungen bei erkenntnistheoretischen Fragestellungen zu berücksichtigen, ohne in reinen Subjektivismus verfallen zu wollen. Auch Subjekte müssen die Viabilität ihrer Aussagen in ihrer Lebenswelt beachten. Die Wahrheit von Konstruktionen und die Betrachtung ihres Sinns sollte immer auch im kulturellen Kontext geschehen, um einer naiv-subjektivistischen Weltsicht vorzubeugen.

Konstruktivisten hüten sich vor erkenntnistheoretischer Überforderung mittels Übergeneralisierungen. Sie fragen nicht mehr orientiert an einer abzubildenden Objektivität: "Was ist die Struktur der Wirklichkeit?", sondern nunmehr: "Was ist die Struktur einer bestimmten Erfahrungswirklichkeit?".

Auch wie etwas erkannt wird, hat immer Einfluß darauf, was erkannt wird.

Zusammenfassend kann man sagen, dass sich eine Wirklichkeit nicht einfach in uns abbildet, sondern dass wir sie selbst aktiv erfinden und erzeugen, d. h. konstruieren. Aber dies setzt auch voraus, dass wir sie in großen Teilen kulturell entdecken, denn sie ist schon erfunden. Dazu müssen wir rekonstruieren. Und in der Überwindung dessen, was nicht mehr zu uns passt, müssen wir Bestehendes auch dekonstruieren, d.h. für uns passend machen - durch Kritik, Veränderung, Verwerfung usw.