KONSTRUKTIVISMUS :: Texte
 

 

Kurzes Wörterbuch zur konstruktivistischen Didaktik

 

  Homöostase
 
Homöostase bezeichnet den Vorgang, durch den ein Organismus in seinem Inneren die zum Leben erforderlichen konstanten Bedingungen aufrecht erhält.

Die Vorstellung von der Homöostase skizzierte im 19. Jahrhundert der französische Physiologe Claude Bernard: "Die Unveränderlichkeit des inneren Milieus ist eine Voraussetzung des freien Lebens."

Damit ein Lebewesen gedeihen kann, muss es bis zu einem gewissen Grade unabhängig von seiner Umgebung sein. Diese Unabhängigkeit bezeichnet die Homöostase. Den Begriff selbst prägte Walter Cannon 1926. Er meinte damit die Fähigkeit des Organismus, die Zusammensetzung und das Volumen des Blutes zu regulieren und damit auch die Eigenschaften der "extrazellulären Flüssigkeit" zu steuern, die alle Zellen des Körpers umspült. Das Wort Homöostase kommt aus dem Griechischen (homoios: gleich; stasis: Stellung). Es bezeichnet heute alle Vorgänge, die Schwankungen der physiologischen Eigenschaften eines Organismus verhindern, und wurde sogar auf die Steuerung von Wandlungen in verschiedenen Ökosystemen und im gesamten Universum angewandt.

Homöostase ist nur dann möglich, wenn der Organismus Veränderungen des inneren Milieus wahrnehmen und steuern kann. Eine kleine Abweichung von einem einmal eingestellten Wert setzt eine homöostatische Reaktion in Gang, die das innere Milieu wieder in den gewünschten Zustand bringt.

Die Kybernetik wird teilweise als die Wissenschaft von den Homöostasemechanismen gesehen. Ein solcher Mechanismus
ist z.B. der Thermostat zur Steuerung der Zentralheizung. Liegt die Raumtemperatur unter dem eingestellten Wert, wird die Heizung eingeschaltet; hat die Luft sich auf die gewünschte Temperatur erwärmt, schaltet der Thermostat die Heizung wieder ab. Die von der Heizung erzeugte Veränderung wird also gemessen, und die Temperatur wird so gut wie möglich auf den gewünschten Wert gebracht. In organischen Systemen sind die Homöostasemechanismen wesentlich komplexer.

Im Rahmen des Feedback hat man versucht, Regelkreismodelle auf menschliches Verhalten zu beziehen. Hier ist jedoch bei Übertragungen zu beachten, dass es nur eine bildliche und keine logische Ableitung geben kann. Das menschliche Feedback ist wesentlich komplexer als eine Heizungssteuerung!

Radikale Konstruktivisten haben diesen Begriff öfter mit menschlichen Verhaltensweisen oder menschlicher Kultur in Verbindung gebracht. Dies ist jedoch problematisch, da hier ein Naturalismus unterstellt wird, der auf einer unzureichenden Übertragung von Naturverhältnissen auf Kulturverhältnisse geleitet ist. Soziale Konstruktivisten versuchen hingegen Anschluss an die kulturellen Ansätze zu halten und solch vereinfachende Übertragungen zu vermeiden.Deshalb beachten wir: Auf Kulturphänomene sollte diese einfache Beschreibung nicht angewandt werden!